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Das komplette Androgeninsensitivitätssyndrom (CAIS)

Was ist das CAIS? (früher: testikuläre Feminisierung)

Hierbei handelt es sich um eine Hormonrezeptor [1]-Erkrankung, die zu Fehlbildungen der Geschlechtsorgane mit begleitender Sterilität führt. Dieser Mangel wird verursacht durch einen genetisch bedingten Defekt am Androgenrezeptor (Fühler auf der Zelloberfläche, die auf männliche Hormone antworten). Dies bedeutet, dass das äußere Erscheinungsbild (d. h. der Phänotyp) weiblich ist, genetisch aber ein männlicher (46, XY) Chromosomensatz (Karyogramm) und männlichen Geschlechtsdrüsen (Hoden) vorliegen.

Welche Ursachen hat das CAIS?

Die embryonale Entwicklung wird durch körpereigene Botenstoffe, sogenannte Hormone gesteuert. Damit das Hormon an einer Körperzelle seine regulierende Wirkung entfalten kann, benötigt diese einen Rezeptor.

CAIS-Frauen haben als Geschlechtschromosomen sowohl ein X- als auch ein Y-Chromosom, was normalerweise zu einer männlichen geschlechtlichen Entwicklung führen müsste.

Aufgrund des Rezeptordefekts für Androgene, einer Gruppe von entscheidenden männlichen Geschlechtshormonen, können diese ihre Wirkung in den Körperzellen jedoch nicht entfalten.

Der Körper reagiert unter anderem mit einer vermehrten Produktion von östrogenen, Geschlechtshormonen, die für eine weibliche geschlechtliche Entwicklung entscheidend sind.

Auch die Prägung des Gehirns ist weiblich und damit in der Regel auch die Identifizierung mit der weiblichen Geschlechterrolle gegeben.

In Verbindung mit weiteren biochemischen Reaktionen im Organismus, führt dies letztendlich zu einer hyperöstrogenen Situation, welche für die Feminisierung verantwortlich ist.

Die komplette Androgenresistenz wird X-chromosomal rezessiv vererbt, d.h. die Mutter ist Trägerin und es besteht damit ein 50%-iges Risiko die Erkrankung auf ihre Töchter zu vererben.

Wie äußert sich Pseudohermaphroditismus?

Die Patientin hat einen eindeutig weiblichen Phänotyp und ist als weibliches Individuum aufgewachsen. Nicht selten sind CAIS-Frauen hoch gewachsen und “gut aussehend”.

Eine Scheide fehlt oder ist nur unvollständig entwickelt. Ebenso verhält es sich mit Gebärmutter und Eierstöcken (Ovarien). Geschlechtsverkehr ist meist nur nach einer Therapie möglich, eine Schwangerschaft ist aufgrund der fehlenden Ovarien und Gebärmutter nicht möglich. Im Bauchraum oder in der Leistengegend sind Hoden zu finden. Charakteristisch ist die fehlende oder deutlich reduzierte Scham- und Achselbehaarung.

Auch bei dieser Erkrankung wird die Diagnose meist bei jungen Frauen nach Ausbleiben der Regelblutung und/oder erfolglosem Geschlechtsverkehr gestellt .
Das Wissen um den männlichen Chromosomensatz und das Fehlen innerer weiblicher Geschlechtsorgane steht erfahrungsgemäß im direkten Gegensatz zu der in der Pubertät entstehenden weiblichen Identität. Hieraus ergibt sich eine enorme emotionale Belastung, die in jedem Fall in das Therapiekonzept mit einfließen muss.

Die Häufigkeit der kompletten Androgenresistenz liegt bei ca. 1:25 000 Geburten.
Nach Abschluss der Pubertät sollte erwogen werden, die Hoden zu entfernen, da sie ein ca. 1-5%-iges Entartungsrisiko besitzen, d.h. in 1-5% der Fälle zu einem bösartigen Tumor entarten. Eine Alternative stellt für manche Patientinnen die regelmäßige Kontrolle Ultraschalkontrolle dar. Diese Entscheidung muss aber jede Patientin für sich selbst treffen, da auch die Expertenmeinungen hierzu nicht einheitlich sind.